Erholungsort für faule Generäle

Die Geschichte dieses Gebäudes liest sich wie ein trauriger Roman. Eine tragische Hauptfigur, die nach seinen glanzvollen ersten Jahrzehnten voller Leben, Entwicklung und Liebe einen schlimmen Abstieg erleidet, als Erholungsort für faule Generäle genutzt wird und später von keinem mehr besessen werden möchte. Einsam liegt die ehemalige Lungenheilstätte im Harz inmitten dichten Fichtenwaldes, den wir kilometerweit entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze durchqueren. Aufgrund der klimatischen Verhältnisse entschied man sich genau für diese Lage und errichtete in massiver Bauweise vorerst das Hauptgebäude, das in den oberen Etagen eine Kirche und einen Glockenturm enthält, offene Liegehallen, helle 1-4-Bettzimmer nach Süden, eine Bibliothek und viele Aufenthaltsräume. Nach seiner feierlichen Eröffnung im Jahr 1902 wurde die Heilstätte, anfänglich nur für weibliche Patientinnen, mehrfach um Waldliegehallen, Anbauten mit neuen Betten, Behandlungszimmer und OP-Säle und das Piggerhaus, benannt nach dem 32-Jahre tätigen Chefarzt , unter dessen Leitung die Klinik großen Erfolg feierte, erweitert. Pigger kombinierte in über 100 Tage dauernden Kuren Wandern mit Frischluftliegekuren und brachte die Klinik schon 1909 durch Anschaffungen wie Röntgen- und Pneumothorax-Apparate auf den neusten technischen Stand. Das besondere hierbei: Der Orden, dem die Heilstätte unterlag, wollte die Kurkosten stets so gering wie möglich halten, um auch den weniger gut bemittelten zu helfen. Nachdem in den 60er Jahren TBC-Erkrankung und damit die Bettenbelegung durch verbesserte Hygiene zurückging, entschied man sich, auch männliche Patienten mit aufzunehmen. 1967 wurde der ursprüngliche Zweck der Behandlung von Lungenerkrankungen dann komplett eingestellt und die Heilstätte von da an als Kursstätte der NVA und der Grenztruppen genutzt. Sie bekam aber schnell den Ruf weg, dass man sich hier nur „auf die Faule Haut legen wollte“ und dem schönen Leben frönen. Nach der Wende und der damit verbundenen Auflösung der NVA hatte die Bundeswehr kein Interesse an der Heilstätte und übergab sie wieder in die Hände des Ordens, der zu diesem Zeitpunkt allerdings die notwendigen Mittel zur Sanierung nicht aufbringen konnte. Jahrelanger Lehrstand setzten der Klinik und seinen zugehörigen Häusern schwer zu, so dass viele Teile mittlerweile nicht mehr begehbar sind. Heute kümmert sich ein liebes Pärchen zusammen mit seinen 14 Schlittenhunden um das Gelände und zum ersten mal seit Jahren wird der einstmals prunkvollen Klinik wieder ein Sinn eingehaucht.